Strategien zur steuerlichen Optimierung unter dem Aspekt des Vermögensschutzes (Asset Protection)

In der Praxis konzentriert sich häufig das Ehegatten-Vermögen auf einen der Ehepartner. Insbesondere bei unternehmerisch tätigen Familienmitgliedern stellt sich die Frage wie die Haftung beeinflusst werden kann. Neben der Wahl der richtigen Rechtsform der unternehmerischen Tätigkeit (GmbH, Einzelunternehmen, GmbH & Co. KG etc.), können auch durch lebzeitige Übertragungen auf Ehepartner oder Kinder erhebliche Vermögenssubstanzen geschützt werden.

Einige Gestaltungen sind nicht nur haftungs- und insolvenzrechtlich von Interesse, sondern dienen insbesondere auch der einkommen- bzw. schenkungssteuerlichen Optimierung.

 

Neben Haftungsgefahren aus der unternehmerischen Tätigkeit können auch Scheidungen, Erbfälle, familiäre Probleme und Ähnliches das Vermögen des Unternehmers in seinem Bestand bedrohen und schnell in die Insolvenz führen. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich frühzeitig Strategien zum Schutz des privaten Vermögens vor Ansprüchen aus der haftungsbedrohten betrieblichen Sphäre zu entwickeln.

 

In der Regel handelt es sich bei den Gestaltungsalternativen um interdisziplinäre Strategien, bei denen neben den zivilrechtlichen Fragen stets auch die steuerlichen Folgen berücksichtigt werden müssen.

 

Hinweis:

Ganz entscheidend ist hierbei eine vorausschauende Planung. Werden entsprechende Maßnahmen nämlich erst bei einer sich abzeichnenden Krise vorgenommen, so sind sie vielfach insolvenzrechtlich anfechtbar und damit vom Gläubiger angreifbar. Schlimmstenfalls können dann sogar strafrechtliche Konsequenzen drohen.

 

Nachfolgend sind einige typische Gestaltungen zur Asset Protection dargestellt:

 

a) Allgemeines

 

Die Grundüberlegung sämtlicher Gestaltungen mittels Übertragung von Vermögen besteht darin, das Vermögen und damit die potenzielle Haftungsmasse eigentumsmäßig vom Unternehmer abzutrennen. Auf diese Weise wird das Vermögen einem sonst möglichen Haftungszugriff durch Gläubiger entzogen.

 

b) Schenkungen an Nahestehende

 

Am einfachsten kann Privatvermögen der gefährdeten Haftungsmasse entzogen werden durch Schenkungen an Nahestehende, etwa an den Ehepartner oder die eigenen Kinder. Gegenstand der Schenkung kann dabei jede Form von Vermögen sein. Häufig wird es sich um Grundbesitz oder wertvolle bewegliche Gegenstände wie z. B. Kunstgegenstände oder Kapitalvermögen handeln.

 

Unentgeltliche Zuwendungen sind zwar dem Grunde nach schenkungsteuerpflichtig. Allerdings können die persönlichen Freibeträge, die bei Ehegatten 500.000 EUR und bei Kindern jeweils 400.000 EUR betragen, alle zehn Jahre ausgeschöpft werden. Bei frühzeitiger Umsetzung solcher Schenkungen, können erhebliche Vermögensvolumina steuerfrei transferiert werden, insbesondere wenn neben dem Ehegatten noch Kinder vorhanden sind.

 

Nennenswerte Einkommensteuerersparnisse lassen sich realisieren bei Übertragung von Einkunftsquellen von den hochbesteuerten Eltern auf die bisher gar nicht oder nur gering besteuerten Kinder.

 

Zu beachten sind bei unentgeltlichen Vermögensübertragungen allerdings die gesetzlichen Regelungen des Erbrechts. Es können Pflichtteilsergänzungsansprüche entstehen sofern Vermögen einseitig übertragen wird.

 

Im Rahmen von Schenkungsverträgen kann sich der Schenker umfangreiche Rückforderungsmöglichkeiten z.B. für den Fall der Scheidung oder Tod des Beschenkten vorbehalten.

 

c) Güterstandsschaukel

 

Ein „Klassiker“ zur Abschirmung des Vermögens des Unternehmers vor einem Gläubigerzugriff ist die sogenannte Güterstands-schaukel. Lebt der Unternehmer mit seiner Ehefrau im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, so steht es den Eheleuten frei, den Güterstand jederzeit, insbesondere auch während der Ehe, zu wechseln und z. B. Gütertrennung zu vereinbaren. Ein entsprechender Ehevertrag ist allerdings nur wirksam, wenn er notariell beurkundet wird.

 

Durch die Beendigung der Zugewinngemeinschaft entsteht kraft Gesetzes eine Zugewinnausgleichsforderung. Zugewinn ist der Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten das Anfangsvermögen übersteigt. Hat der Unternehmer einen deutlich höheren Zugewinn erzielt als der Ehegatte, so könnte er zur Erfüllung der Ausgleichsforderung steuerlich nicht verstrickte Vermögensgegenstände aus dem Privatvermögen auf diesen übertragen und damit dem Zugriff seiner Gläubiger entziehen. Dieser Ausgleich ist einkommen- und schenkungssteuerlich irrelevant, erfolgt also steuerfrei.

 

Ein weiterer positiver Nebeneffekt in schenkungssteuerlicher Hinsicht kann bei einer solchen Gestaltung auch darin bestehen, dass das Vermögen der Eheleute auf diese Weise günstiger auf beide verteilt wird. Somit können die persönlichen Freibeträge, die jeder Ehegatte gegenüber jedem Kind hat (400.000 EUR), im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge oder auch im Todesfall besser ausgenutzt werden.

 

Von einer „großen Schaukel“ ist die Rede, wenn im Anschluss an den Wechsel des Güterstands und der Erfüllung der Zugewinnausgleichsforderung wieder in den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft zurückgewechselt wird.

 

d) Familienwohnheimschaukel

 

Die lebzeitige Zuwendung des Familienwohnheims an den Ehepartner ist grundsätzlich steuerfrei. Entscheidend ist, dass die übertragene Immobilie den Lebensmittelpunkt der Familie bildet. Nur gelegentlich genutzte Ferienwohnungen, Wochenendhäuser oder Zweitwohnsitze sind nicht begünstigt.

 

Die zweistufige Gestaltung geht nun dahin, dass der haftungsgefährdete Unternehmer sein Allein- oder Miteigentum an dem Familienwohnheim in einem ersten Schritt unentgeltlich auf den Ehegatten überträgt. Dieser Vorgang ist steuerfrei.

 

Nach Ablauf einer Schamfrist kann der Unternehmer das Familienwohnheim dann wieder zurückerwerben. In Gestalt des Kaufpreises wird hierdurch letzten Endes ein – schenkungssteuerfreier – Transfer von Barvermögen oder ggf. anderer Vermögensgegenstände an Erfüllung statt auf den Ehegatten bewirkt. Grunderwerbsteuer fällt keine an, da Grundstücksübertragungen zwischen Ehegatten von der Besteuerung ausgenommen sind.

 

 

e) Gründung inländische Familienstiftung

 

Anstelle einer Übertragung auf natürliche Personen kann das Vermögen auf eine inländische Familienstiftung transferiert werden. Da eine Stiftung keine Anteilsinhaber hat, haftet das Vermögen der Stiftung nicht für Verbindlichkeiten des Stifters.

 

f) Kapitalistische Betriebsaufspaltung

 

Bei der klassischen Betriebsaufspaltung hat die Besitzgesellschaft oftmals die Rechtsform des Einzelunternehmens bzw. Personengesellschaft. Ist die Betriebs-GmbH wirtschaftlich erfolgreich unterbleiben oftmals Gewinnausschüttungen aufgrund der damit zusammenhängenden Kapitalertragsteuerbelastung von rd. 26,4%. Sollen die thesaurierten Gewinne der Betriebs GmbH vor einem Haftungszugriff der Gläubiger geschützt werden, bietet es sich an das Besitz-Einzelunternehmen bzw. die Personengesellschaften in eine GmbH umzuwandeln. Besitz-Personengesellschaften haben ab 2022 zusätzlich die Möglichkeit zur Besteuerung wie eine Kapitalgesellschaft zu optieren. Da Ausschüttungen zwischen Kapitalgesellschaften zu 95% steuerfrei sind, wird die bei der Ausschüttung fällige Kapitalertragsteuer im Rahmen der Steuerveranlagung der Besitz-Gesellschaft nahezu vollständig angerechnet. Somit wird die Steuerbelastung deutlich reduziert. Erst die Weiterausschüttung an die natürlichen Gesellschafter löst die Steuerbelastung nach dem Regime der Abgeltungssteuer bzw. dem Teileinkünfteverfahren aus.

 

Ergebnis: Um das eigene Vermögen vor dem Zugriff von Gläubigern und damit vor Verlust oder Minderung zu schützen, gibt es zahlreiche Strategien. Selbstverständlich bedarf jede der angesprochenen Maßnahmen einer kritischen Analyse, eine Abwägung von Kosten und Nutzen sowie einer Anpassung an die konkreten Verhältnisse im Einzelfall. Insbesondere um eine insolvenzrechtliche Anfechtung zu vermeiden, sollten entsprechende Gestaltungen möglichst frühzeitig geplant und umgesetzt werden. Daneben können erhebliche steuerliche Vorteile insbesondere im Bereich der Schenkungssteuer realisiert werden.

 

 

Ralph Neumann

Dipl. Kaufmann, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater